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Business and Biodiversity: Einstieg Biodiversität und Ökosystemleistungen

Einstieg Biodiversität und Ökosystemleistungen

Vielfalt der Natur – bedrohtes Fundament unseres Lebens und Wirtschaftens

Biologische Vielfalt oder Biodiversität bezeichnet die Vielfalt an Arten, die Vielfalt an Lebensräumen (Ökosystemen) und die genetische Vielfalt innerhalb der einzelnen Arten. Mit anderen Worten: Sie ist das Fundament für den Reichtum der Natur, der diese erst zu dem macht, was sie ist. Die biologische Vielfalt hat eine große Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme, von denen auch wir abhängig sind, da menschliches Leben und Wirtschaften bestimmte Umweltbedingungen braucht. Eine hohe Biodiversität ist insgesamt ein guter Garant für die Anpassungsfähigkeit der Natur.

Einwirkungen des Menschen, sein ökologischer Fußabdruck, lassen die Biodiversität weltweit rasant verarmen. Die Ursachen dafür sind:

  • Umweltverschmutzung (Emissionen/Immissionen)
  • Klimawandel 
  • Übernutzung natürlicher Ressourcen
  • Zerstörung/Veränderung von Lebensräumen (Habitaten)
  • Ausbreitung invasiver nicht heimischer Arten. 

Bei allen Unwägbarkeiten besteht ein wissenschaftlicher Konsens, dass die momentane Aussterberate an Arten durch menschlichen Einfluss 100- bis 1000-fach höher liegt, als die natürliche Rate wäre, und aufgrund der massiven Risiken nicht hinnehmbar ist. Denn dadurch sind Lebensgrundlagen und Wohlergehen der Menschheit ernsthaft bedroht. Dass die „Geschenke“ der Natur auch von immensem ökonomischem Wert sind, wurde lange vernachlässigt. Inzwischen steigt das Bewusstsein für den Nutzen von Ökosystemen. Gemeinhin werden vier Bereiche an Ökosystemdienstleistungen (ecosystem services) unterschieden:

Versorgungsdienstleistungen: Bereitstellung elementarer Grund- und Rohstoffe wie Wasser, Nahrungsmittel, Energieträger oder Grundstoffe für Medikamente

Regulationsdienstleistungen: Regulierung von Klima, Luft und Wasserhaushalt

Kulturelle Dienstleistungen: kulturelle, ästhetische, wissenschaftliche, emotionale Bereicherung - von der Erholungsfunktion (Tourismus) bis hin zur Vorbildfunktion für technische Innovationen

Basisdienstleistungen: Unterstützung menschlicher  Produktionsaktivitäten und Wertschöpfungsprozesse durch Bodenbildung, Nährstoffkreisläufe und Primärproduktion durch Photosynthese.

Ökosysteme sind leistungs- und anpassungsfähig, denn die Natur ist "erfindungsreich". Sie sind jedoch nicht beliebig belastbar. Die Lebensgrundlagen zu schützen und nachhaltig zu nutzen ist eine zentrale Herausforderung unserer Zeit – jetzt für unsere Zukunft.

Kraftanstrengung der internationalen Gemeinschaft

Die Völkergemeinschaft hat diese Herausforderung erkannt und 1992 auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung das „Übereinkommen über die biologische Vielfalt“ (CBD) (Convention on Biological Diversity, CBD) zum Schutz der Biodiversität beschlossen. Über 190 Staaten sind der Konvention beigetreten, die drei Ziele formuliert.

  • Erhaltung der biologischen Vielfalt, 
  • nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile,
  • gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile.

Seitdem ringen regelmäßige Vertragsstaatenkonferenzen (VSK) um Fortschritte. Das Jahr 2010 war das Internationale Jahr der Biodiversität. Bis 2010, so hatten es die Vereinten Nationen acht Jahre zuvor beschlossen, sollte der weltweite Rückgang der biologischen Vielfalt gestoppt oder wenigstens „signifikant gebremst“ werden. Tatsächlich wurde dieses Ziel massiv verfehlt. 2010 wurde im Rahmen der 10. VSK der CBD im japanischen Nagoya der zweite strategische Aktionsplan der Staatengemeinschaft mit 20 konkreten Zielen bis 2020 verabschiedet. Die Vereinten Nationen haben den Zeitraum 2011 bis 2020 zur UN-Dekade der Biodiversität ausgerufen.

Deutschland engagiert sich mit seiner vom Bundeskabinett im Jahr 2007 beschlossenen Nationalen Strategie für biologische Vielfalt

Zugang und Vorteilsausgleich zu genetischen Ressourcen: das ABS-Protokoll

ln Nagoya gelang mit dem sogenannten Nagoya- bzw. ABS-Protokoll in einem wichtigen Bereich ein Durchbruch im internationalen Biodiversitätsschutz: Die Staatengemeinschaft verabschiedete ein internationales Abkommen zur Regelung des Zugangs zu genetischen Ressourcen und des gerechten Vorteilsausgleichs bei der Nutzung dieser Ressourcen (Access and Benefit-sharing – ABS). Der neue völkerrechtliche Rahmen legt die Eckpunkte zu Rechten und Pflichten von Nutzern und Bereitstellern genetischer Ressourcen fest und ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit. In der Ausgestaltung bleibt allerdings noch viel zu tun.

Den Staaten wird volle Hoheitsgewalt über ihre genetischen Ressourcen garantiert. Sie wiederum sichern zu, den Zugang zu diesen Ressourcen nach einvernehmlich festgelegten, transparenten Bedingungen zu regeln. Nutzer, zum Beispiel Pharmaunternehmen, die pflanzliche Rohstoffe verwenden, sind im Gegenzug verpflichtet, die sich ergebenden finanziellen oder ideellen Vorteile fair und ausgewogen zu teilen.

Den Nutzern, größtenteils Unternehmen der wirtschaftsstarken Nationen, kommt diese Regelung zugute, weil sie die Grundlagen für mehr Rechtssicherheit und berechenbare Abläufe schafft. Den Bereitstellern wiederum wird die Teilhabe an den Gewinnen zugesprochen. Unternehmen müssen sich in naher Zukunft auf gesetzliche Regelungen einstellen, die unter Umständen einer Neuausrichtung ihres Ressourcen-Managements bedarf. Langfristig werden so Ressourcen gesichert und soziale Ausgewogenheit gestärkt.

Dem unschätzbaren Wert einen Preis geben: die TEEB-Studie

Was sich nicht in „barer Münze“, schwarz auf weiß als Wert oder Kosten ausdrücken lässt, hat es schwer, im politischen und wirtschaftlichen Handeln die nötige Beachtung zu finden. Es lässt sich nicht in unsere volkswirtschaftliche Logik integrieren. Daher wurden in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, etwa die Kosten des Klimawandels zu erfassen. Gleiches gilt für die Biodiversität. Die Natur ist bei wachsender und nach Wohlstand strebender Weltbevölkerung ein zunehmend knapper werdendes Gut. Höchste Zeit daher, die kostenlosen Dienstleistungen der Natur ökonomisch zu beziffern und Mechanismen zu entwickeln um die aus ihrer Nutzung entstehenden Gewinne ausgewogen und im Sinne der Nachhaltigkeit einzusetzen. Nur wenn die ökonomischen Auswirkungen der Schädigung von Ökosystemen verstanden sind, lassen sich die Kosten für den Erhalt der Biodiversität den Kosten des Nicht-Handelns gegenüberstellen. Und erst dann kann es zukünftig möglich sein, neue Wege zu finden, vielleicht auch den Gebrauch und Verbrauch von Natur mit einem fairen Preis zu versehen für denjenigen, der den Vorteil aus der Nutzung genießt. Das heißt allerdings nicht, dass Natur zum handelbaren Marktgut werden kann und darf! Es ist nicht im Interesse von Gesellschaft und Wirtschaft, Natur vollkommen zu „kommodifizieren“. Ökonomische Argumente sind legitim als einer von vielen Naturschutzansätzen.

Im Rahmen der G8-Präsidentschaft im Jahr 2007 hat Deutschland gemeinsam mit der europäischen Kommission mit der TEEB-Studie eine wegweisende Untersuchung initiiert, die unter der Schirmherrschaft des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) durchgeführt wurde: „Die Ökonomie von Ökosystemen und der Biodiversität" (The Economics of Ecosystems and Biodiversity, TEEB). Die bisherigen Ergebnisse sind unter www.teebweb.org abrufbar. Mittlerweile hat Deutschland mit "Naturkapital Deutschland - TEEB DE" einen eigenen Prozess auf den Weg gebracht.

Die TEEB-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der wirtschaftliche Wert der Ökosystemdienstleistungen weit höher ist als zuvor angenommen. Ein wirksamer Schutz der biologischen Vielfalt ist gewiss nicht billig. Die Kosten dafür liegen jedoch allemal deutlich unter dem Preis, den wir bei fortschreitendem Verlust an biologischer Vielfalt zu zahlen haben werden. Es ist daher volkswirtschaftlich vernünftig, in ihren Schutz zu investieren.

Der TEEB-Bericht für Unternehmen (TEEB for Business) sensibilisiert die Unternehmen für die hohen Risiken durch Biodiversitätsverlust sowie ihre Handlungsmöglichkeiten. Er fordert Unternehmen auf, ein nachhaltiges Biodiversitätsmanagement aufzubauen, die positiven wie negative Auswirkungen der eigenen Wertschöpfungsprozesse auf die Biodiversität zu analysieren und bilanzieren sowie Standards und Kennzahlen zur Steuerung zu entwickeln. Die  Leadership-Erklärung der ‘Biodiversity in Good Company‘ Initiative trägt diesen Erkenntnissen Rechnung.

Wie Biodiversität und Ökosystemleistungen zusammenhängen - Lektürehinweis:

Science for Environment Policy (2015): Ecosystem Services and Biodiversity. In-depth Report 11 produced for the European Commission, DG Environment by the Science Communication Unit, UWE, Bristol. PDF Download

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