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Business and Biodiversity: Rückblick Kaminabend 23.05.16

Rückblick Kaminabend 23.05.16

Rückschau 23.05.2016: "Diskussionsforum Ökosystemleistungen" zum Thema urbane Ökosystemleistungen

Urbane Ökosystemleistungen – Stadtnatur und ihr Wert 

Zusammenfassung des 6. Kaminabends in der Reihe „Diskussionsforum Ökosystemleistungen“ am 23. Mai 2016 

Am 23.5.2016 fand der 6. Kaminabend der Reihe „Diskussionsforum Ökosystemleistungen“ zum Thema „Urbane Ökosystemleistungen“ in Frankfurt/Main statt. Nach einer kurzen Einführung durch Dr. Matthias Jenny, Direktor Palmengarten Frankfurt, der die rund 60 Teilnehmenden zum gemeinsamen Denken und Diskutieren einlud, und der Begrüßung durch Dr. Bruno Streit, Sprecher BioFrankfurt ─ Das Netzwerk für Biodiversität e.V., kamen drei Panellisten mit jeweils einem Impulsvortrag zu Wort.

Beatriz Padilla, Water Forest ─ Mexico City, stellte die Umweltherausforderungen von Mexiko City und als Antwort die Initiative des Water Forest vor. Die Herausforderung des Bosque de Agua (Mexikos "Wasserwald") bestehe darin, dass das Gebiet, ein Biodiversitäts-Hotspotneben Mexiko Stadt als einer Mega-Metropole liege und nicht ausreichend geschützt sei. Die Ökosystemleistungen, die der "Wasserwald" liefere, seien beträchtlich – allen voran: Wasser für über 23 Millionen Menschen. Die Ersatzkosten wurden einer Studie zufolge mit 30 Milliarden US-Dollar beziffert. Padillas Vision sei es, dass im Jahre 2030 die Struktur, die Artenvielfalt und die Ökosystemleistungen  des "Wasserwaldes" vollumfänglich anerkannt und geschützt seien. Präsentation Padilla

Im Anschluss legte Peter Dommermuth, Leiter des Umweltamtes der Stadt Frankfurt/Main, den Fokus auf die Herausforderungen der Stadt Frankfurt und somit auf die nationale Dimension. Er stellte Beispiel-Projekte wie den Frankfurter GrünGürtel, die Initiative „Wildnis wagen“ am Monte Scherbelino und den Fechenheimer Mainbogen vor. Er schlussfolgerte, dass das Naturbewusstsein und die Wertschätzung der Natur bereits auf der Grundlage von Empfinden und Emotion stiegen und angesichts der aktuellen Konkurrenz zu anderen Bedürfnissen einer wachsenden Stadt die ökonomische Inwertsetzung der Ökosystemleistungen sehr hilfreich sein könne. Präsentation Dommermuth

Julia Peleikis, Koordinatorin ICLEI – Local Governments for Sustainability, präsentierte unterschiedliche Städtestrategien. Sie richtete den Blick nach Dresden, Leipzig, Wien und Hamburg. Ihr Fazit lautete, dass Ökosystemdienstleistungen, die durch Stadtnatur erbracht würden, verstärkt in der Stadtentwicklung berücksichtigt werden als auch in den Haushaltsentscheidungen der Städte und Gemeinden sichtbar gemacht werden sollten. Aus ihrer Sicht sei der Begriff der „Grünen Infrastruktur“ hilfreich, um Funktionen urbaner Freiflächen anzuerkennen sowie diese mit Hilfe eines strategischen Planungsansatzes ausbauen und in ihren Funktionen stärken zu können – und somit nicht lediglich als potentielle Baufläche zu betrachten sei. Des Weiteren stellten Investitionen in Stadtnatur eine Daseinsvorsorge für die Menschen in der Stadt dar, seien damit kein rein ökologisches Anliegen und sollten somit Gegenstand sektorübergreifender Zusammenarbeit sein. Präsentation Peleikis

Leider war Prof. Dr. Bernd Hansjürgens, Leiter des Departments Ökonomie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH ─ UFZ, kurzfristig verhindert, sodass der Impulsvortrag dazu ausfallen musste.

Die anschließende Diskussion moderierte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e. V. Die Diskutanten brachten ihre Erfahrungen aus der nationalen und internationalen Arbeit für nachhaltige kommunale Entwicklung ein und diskutierten Innovationen im Bereich der Grünen Infrastruktur. Ergebnisse des jüngst erschienenen TEEB DE Stadtberichts wurden ebenfalls aufgegriffen. Im Mittelpunkt des Austauschs standen u.a. die Fragen: Wie sehen unsere Städte von morgen angesichts weiterer Urbanisierung, einer hohen Zahl von Geflüchteten und wachsender Integrationserfordernisse sowie chronisch knapper Stadtkassen aus? Wie kann Stadtnatur dazu beitragen, diesen Herausforderungen zu begegnen? Kann das Konzept der Green Infrastructure eine Lösung bieten? Wie könnte vor diesem Hintergrund das Konzept der Ökosystemleistungen und der Ansatz ihrer Inwertsetzung für eine nachhaltige Stadtentwicklung nutzbar gemacht werden? Welche Handlungsansätze gibt es hierfür in Verwaltung, Politik und auf Seiten der Stadtgesellschaft?

In der Diskussion wurde deutlich, dass für eine ökonomische Bewertung eine methodische Anleitung gewünscht wird, wie man bei der Identifikation und praktischen Inwertsetzung von Ökosystemleistungen vorgehen könne. Eine praktikable und einfache Handhabung sei gewünscht. Aus Sicht von PR/Öffentlichkeitsarbeit sei „Grün in der Stadt“ bereits ein Standortvorteil, aber die echte und praktikable ökonomische Inwertsetzung fehle noch. Doch ist sie auch immer sinnvoll? Könnte das nicht auch vereinzelt zu „falschen“ Entscheidungen führen? Dies komme darauf an, wie weitreichend Ökosystemleistungen miteinbezogen würden.

Wichtig sei, dass vor jeglichen Naturschutz-Umsetzungsprojekten eine gut strukturierte, partizipative Kommunikation und Einbindung aller Stakeholder erfolge. Dies wurde auch international von der Referentin aus Mexiko bestätigt. Die meisten Fehler würden bei der Kommunikation der Projekte oder eben bei der fehlenden Transparenz gemacht. Hier seien Informationsveranstaltungen für die BürgerInnen von enormer Bedeutung; normalerweise erführen diese eine hohe Aufmerksamkeit in der Gesellschaft. In Deutschland konnte beobachtet werden, dass die politische „Farbe“ auf kommunaler, Landes- und Bundesebene eine große Rolle bei der Akzeptanz und Zusammenarbeit bei solchen Projekten spiele. 

Bekräftigt wurde der Umstand, dass Wirtschaftsakteure ökonomische Kennzahlen bräuchten, daher eine ökonomische Bewertung sehr begrüßt würde, da sie nur so in das Kalkül der Unternehmen einfließen könne. In täglichen Unternehmensentscheidungen bedürfe es ökonomischer Kenngrößen, um Ökosystemleistungen in Investitionsentscheidungen einfließen lassen zu können. Entscheidungsalternativen würden anhand ökonomischer Kenngrößen getroffen, eine ökonomische Bewertung von Ökosystemleistungen sei daher enorm hilfreich. Ökonomische Bewertungen müssten jedoch praktikabel aufbereitet und praktisch anwendbar sein. 

Es wurde erneut betont, dass das Konzept der ökonomischen Bewertung Chancen biete, um kommunikativ Zielgruppen jenseits des klassischen Naturschutzes besser zu erreichen als bisher; es sei wichtig, in ökonomisch geprägten Diskussionen „Natur“ vertreten zu können. Aufgeworfen wurde aber auch die Frage, ob die ökonomische Bewertung nicht in eine Alibi-Debatte führe; denn die Umweltprobleme vieler Städteseien massiv, u. a. die Probleme Luftschadstoffe und Lärm seien über diesen Ansatz nicht unmittelbar lösbar. Hierbei sei fraglich, was der Ökosystemleistungsansatz zusätzlich beitragen könne. 

Aus dem Publikum wurde ein weiterer konkreter Wunsch geäußert: mehr Dach- und Fassadenbegrünung. Die Stadt Frankfurt/Main arbeite aktuell an einem entsprechenden Programm und in Düsseldorf sei es bereits in der Umsetzung. Die Veranstaltung in Frankfurt/Main war Teil der BioFrankfurt Aktionswoche „Biologische Vielfalt erleben“ und wurde mit freundlicher Unterstützung der Fraport AG durchgeführt.

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Partnerschaftlich initiiert von: Deutsche Umwelthilfe, 'Biodiversity in Good Company' Initiative e. V., Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig und Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung ─ UFZ.

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